Friday, July 21, 2006

Eingang zur Hölle

"Wenn du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von deinen. Und wenn ich mich vor dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest du von mir mehr als von der Hölle, wenn dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich stehen wie vor dem Eingang zur Hölle."
(Franz Kafka)

"Du weisst doch nichts von mir" sagt er und hat Recht. "Dito" sage ich und für einen kurzen Moment sieht er mich. Ein abwägender Blick. Eine leise Ahnung davon, dass nicht nur er eine Geschichte hat. Zwei Tage später kenne ich sie in Bruchstücken. Nichts tief schürfendes, nur die Fakten. Bin dem nicht gewachsen, soll es auch nicht sein. Das alles ist nicht für mich bestimmt. Also halte ich mir selbst den Mund und nicke. Ich stehle mich heimlich zwei Schritte zurück. Was ich zu erzählen hätte behalte ich für mich. Er wäre dem nicht gewachsen. Soll es auch nicht sein. Andere warten auf uns. Schöner und stärker als wir es sind. In denen keine Hölle wohnt.

1 comment:

Anonymous said...

Ein wunderschöner Text, ähnliches schrieb ich auch gerade letzten Sonntag.